Überspannungsschutz / Blitzschutz + Ex-Bereiche
für Gebäude, Photovoltaikanlagen und explosionsgefährdete Bereiche
Beim Neubau eines Gebäudes oder einer Photovoltaikanlage (spätestens nach einem Blitzschaden) stellt sich die Frage, ob ein Blitzschutz notwendig ist. Eine eindeutige Antwort kann darauf nicht gegeben werden, da eine Vielzahl von Faktoren die Entscheidung für oder gegen die Errichtung eines Blitzschutzsystems bzw. die Art des Überspannungsschutzes beeinflussen.
Photovoltaikanlagen können sowohl durch direkte als auch durch nahe Blitzeinschläge gefährdet werden. Durch die dabei auftretenden hohen Spannungen und sehr großen Ströme entstehen elektrische und magnetische Felder, die die Anlagen stark beschädigen können. Die Bedrohungsfälle können aufsteigend unterschieden werden in:
- Ferneinschläge (>1000 m) - hierbei kommt es meist nur zu kapazitiven Einwirkungen, die in der Regel nicht gefährlich sind.
- Naheinschläge (<500 m) - hierbei induzieren die großen magnetischen Felder Überspannungen in den elektrischen Installationsschleifen, die Schäden verursachen können.
- Indirekte Einschläge - hierbei fließen Blitzteilströme, die große Schäden hervorrufen können über die elektrischen Installationen bzw. Versorgungsleitungen.
- Direkteinschläge - hierbei fließt der Blitzstrom, sofern kein Blitzschutzsystem vorhanden ist, über die hauseigenen Installationen, die dadurch meist zerstört werden. Mechanische Zerstörungen und Brände sind nicht auszuschließen.
Schutzmassnahmen:
Es gibt zwei sich gegenseitig ergänzende Maßnahmenpakete, ein Gebäude und ggf. auch die Photovoltaikanlage zu schützen: Die Installation eines Äußeren Blitzschutzes und eines Inneren Blitzschutzes:
- Der Äußere Blitzschutz soll den direkten Blitzeinschlag abfangen und den Blitzstrom über die Ableitungen und die Erdungsanlage in das Erdreich ableiten.
- Der Innere Blitzschutz hingegen soll die Gefahr von Überspannungen im Gebäude zu reduzieren.
Der Äußere Blitzschutz:
Der Äußere Blitzschutz soll den Blitz an vorgegebenen Einschlagpunkten einfangen und den Blitzstrom über oftmals mehrere Ableitungen um das zu schützende Objekt herum ins Erdreich führen. Als Fangeinrichtungen dienen lange leitfähige Fangstangen, die das zu schützende Objekt überragen, oder maschenförmige Fangleitungen über der zu schützenden Fläche. Unterhalb der Fangeinrichtungen ergeben sich Schutzräume, in die keine direkten Blitzeinschläge mehr möglich sind. Hier müssen die zu schützenden Objekte positioniert werden.
Die Fangeinrichtungen sind über Ableitungen mit der Erdungsanlage verbunden. Damit wird ein leitfähiger Übergang für die Blitzströme ins Erdreich geschaffen.
Für genaue Aussagen und insbesondere bei geometrisch komplexeren Gebäuden und Anlagen hat sich das sogenannte Blitzkugelverfahren zur Bestimmung der einschlaggefährdeten Punkte als praktikabel erwiesen. Hierbei ist der sich nähernde Blitzkanal (Leitblitz) der Mittelpunkt der gedachten Blitzkugel. Die aufgrund des sich nähernden Blitzkanals auftretenden Fangentladungen starten von Punkten, die ihm räumlich am nächsten liegen. Diese Punkte sind einschlaggefährdet. Dort müßen Fangleitungen oder Fangstangen positioniert werden.
Die Größe der Blitzkugel sowie die konkrete Ausführung wird durch die gewählte Blitzschutzklasse bestimmt. Es gibt nach VDE 0185-305/2006 insgesamt vier Schutzklassen mit steigenden "Blitzkugel"-Radien von 20 m, 30 m, 45 m und 60 m.
Der Innere Blitzschutz:
Der Innere Blitzschutz umfasst die Gesamtheit aller Maßnahmen gegen die Auswirkungen des Blitzstromes sowie seiner elektrischen und magnetischen Felder auf metallene Installationen und elektrische Anlagen im Bereich der baulichen Anlage bzw. des zu schützenden Volumens.
Kernstück des Inneren Blitzschutzes ist der Blitzschutz-Potentialausgleich. Dieser verhindert bei einem Blitzeinschlag unkontrollierte Überschläge in den Gebäudeinstallationen infolge des Spannungsfalls am Erdungswiderstand.
Im Rahmen des Blitzschutz-Potentialausgleiches werden alle metallenen Installationen (z.B. Gas- und Wasserleitungen), die elektrischen Anlagen (energie- und informationstechnische Leitungen), das Blitzschutzsystem und die Erdungsanlage über Leitungen, Trennfunkenstrecken und Blitzstromableiter miteinander verbunden. Da der direkte Anschluss von energie- und informationstechnischen Leitungen an die Erdungsanlage nicht möglich ist, werden dort spezielle Schutzgeräte eingesetzt. Diese sogenannten Blitzstromableiter ermöglichen den Einbezug von aktiven Leitern in den Blitzschutz-Potentialausgleich.
Der Einbauort des Blitzstromableiters sollte nahe an der Eintrittstelle der energie- und informationstechnischen Leitung in die bauliche Anlage sein. Dadurch wird sichergestellt, dass kein Blitzstrom in die Anlage verschleppt wird und zu unzulässigen Störungen an anderen elektrischen Systemen führt. Diese Blitzstromableiter in der Energietechnik werden bei hohen Spannungsdifferenzen zwischen PE und aktiven Leitern kurzzeitig leitend und verhindern hohe Spannungsunterschiede und damit unkontrollierte Überschläge in der Elektroinstallation. Dabei fließen hohe Blitzteilströme (bis zu 100 kA, 10/350 µs) über die jeweiligen Ableiterpfade, welche vom Ableiter selbst und auch von der Installation vertragen werden müssen. Nach dem Ableitvorgang wird der Blitzstromableiter wieder hochohmig.
Schutz vor Überspannung:
Zum Schutz der Endgeräte werden den Blitzstromableitern oft zusätzlich noch Überspannungsableiter nachgeschaltet. Diese Überspannungsableiter reduzieren sowohl die verbleibende Überspannung nach dem Blitzstromableiter als auch Überspannungen aus Ferneinschlägen oder aufgrund von Induktionseffekten.
Wichtig hierbei ist eine ausreichende Entkopplung der Blitzstrom- und Überspannungsableiter. Es kommen unterschiedliche Prinzipien zum Einsatz. Moderne Kombiableiter vereinen die Funktionen der Blitzstrom- und Überspannungsableiter und besitzen bereits einen sehr niedrigen endgeräte-verträglichen Schutzpegel. Die Kombiableiter stellen die oben genannte Ableiterkombination in sehr kompakter Bauform dar.
Ein Beipiel für den Gesamtschutz eines Gebäude und / oder einer Photovoltaikanlage:
Grundsätzlich gilt, dass die Begutachtung und die Realisierung von Massnahmen des Äußeren und Inneren Blitzschutzes immer von Experten ausgeführt werden sollten. Ein nicht den Normen entsprechend installiertes Schutzsystem kann die Gefahr von Schäden bei einem Blitzeinschlag sogar noch erhöhen!
Für die Entscheidung, ob ein Blitzschutzsystem für ein Gebäude oder eine Photovoltaikanlage erforderlich ist, sollte der Rat von Fachleuten eingeholt werden. Eine solche Analyse sollte aufgrund der VDE 0185-305/2006 durchgeführt werden. In dieser Vornorm werden die Auswirkungen naher Blitzeinschläge mit berücksichtigt. Damit ist eine quantitative Bewertung des Blitzschadensrisikos für bauliche Anlagen möglich. Früher wurde häufig allein aus subjektiven Überlegungen heraus die Entscheidung für oder gegen Blitzschutzmaßnahmen getroffen. Die VDE 0185-305/2006 bietet endlich eine objektive Entscheidungshilfe, welche Massnahmen in welchem Umfang diese zu realisieren sind.